Zum Tag der Umwelt eine Bilanz von 25 Jahren Umweltpolitik Ist die Natur erst einmal zerstört, braucht sie lange, um sich zu erholen. Anhand des aktuellen Waldzustandsberichts 2002 wird dies einmal mehr deutlich. Noch immer sind 21 Prozent der deutschen Waldfläche geschädigt. Mineralölkonzerne wurden gezwungen, den Schwefelanteil in Kraftstoffen zu senken. Fahrzeuge wurden mit Katalysatoren ausgestattet, und Heizungs– sowie Müllverbrennungsanlagen arbeiten umweltfreundlicher. Doch die über Jahrzehnte angesammelten Schwefel– und Stickstoff-Einträge bleiben noch lange eine kritische Altlast.
Immerhin hat die Politik auf die vor 20 Jahren im ersten Waldzustandsbericht sichtbar werdenden Schäden reagiert und niedrigere Grenzwerte für den Schadstoff-Ausstoß festgeschrieben, Vorschriften zur Ausstattung von Filter– oder Kläranlagen erlassen und die Öko-Steuer eingeführt. Das habe sich gelohnt, meint Gerd Billen vom Umweltbundesamt.
Auch der Blaue Engel wurde eingeführt, um umweltfreundliche Produkte zu fördern. In mindestens zwei Bereichen habe sich dies nachhaltig ausgewirkt, so Billen: bei Farben und Lacken sowie Heizungen.
Größtes Sorgenkind der Umweltpolitik ist der Verkehr. Er macht alle anderen Anstrengungen wieder zunichte. Zwar fahren die Autos abgasärmer, doch die steigende Zahl hebt die positive Wirkung des Katalysators wieder auf. Billen betont, dass man mit einer Förderung des Bahn– wie auch des öffentlichen Nahverkehrs große Mengen Kohlendioxid verhindern könne. Prognosen gingen davon aus, dass vor allem der Lkw-Verkehr in den nächsten fünf bis zehn Jahren noch einmal um 20 bis 30 Prozent zunehmen werde. Aufgrund der EU-Erweiterung wird Deutschland zum Transitland. Die LKW-Maut soll deshalb einen Anreiz schaffen, dass Unternehmen ihren Güterverkehr per Bahn abwickeln. Viele Unternehmen seien auch bereit dazu. Doch die Bahn reagiere laut Billen nicht flexibel genug.
Dass man mit bewusster Umweltpolitik Einfluss auf Entwicklungen nehmen kann, zeigen die enormen Verbesserungen bei der Luft– und Gewässerqualität. Das gleiche fordern Experten jetzt auch für die Siedlungspolitik. Aufgrund der Zersiedlung werden die Flächen für Tiere und Pflanzen immer kleiner. Nicht nur viele Vogelarten, sondern auch Frösche sind vom Aussterben bedroht oder bereits verschwunden.
Ein großes Problem sind zudem die wachsenden Medikamentenrückstände und die intensive Landwirtschaft. Pestizide und Düngeprodukte finden sich verstärkt im Grundwasser unter Äckern, Kläranlagen sind oft nicht in der Lage, die Rückstände einer medikamentenintensiven Gesundheitspolitik zu beseitigen. Eine erfolgreiche Umweltpolitik darf deshalb nicht nachlassen, denn der Wald zeigt: Wenn die Schäden erst deutlich sichtbar sind, braucht es Jahrzehnte, um sie zu beseitigen.
aus: Die Welt