Berlin - Möglicherweise sind erheblich größere Lebensmittelbestände aus chinesischer Produktion mit dem Antibiotikum Chloramphenicol (CAP) auf deutsche Esstische gelangt, als bislang bekannt ist. Dies haben Recherchen von WELT online ergeben. Mit Honig oder Beimengen von Honig gesüßte Lebensmittel sowie Fischprodukte könnten besonders betroffen sein. Nicht ausgeschlossen ist nach Angaben des Sprechers im schleswig-holsteinischen Umweltministerium, Michael Rittmeyer, dass die verseuchten Speisen zumindest vor dem 30. Januar dieses Jahres zum Verzehr gelangten. Am Mittwoch hatte das Kieler Ministerium bestätigt, dass in Schleswig-Holstein Lebensmittelkontrolleure bis zu 400 Tonnen Importhonig aus China in Betrieben zur Weiterverwendung gesperrt haben. Stichproben haben nach Angaben des Ministeriums belegt, dass Honig dieser Bestände mit dem Antibiotikum belastet ist. Wie Rittmeyer sagte, haben die Kontrolleure in Schleswig-Holstein außerdem auf chinesischen Reisfeldern gezüchtete, hierher importierte Aale sichergestellt, die nach Voruntersuchungen ebenfalls CAP geschluckt hatten. Das Mittel kann das Knochenmark schädigen und im Extremfall bis zum Tod führen. Mehr Sorgen als der vergleichsweise selten auf dem Speiseplan stehende Fisch bereitet der Landesregierung der Honig, der als Süßungsstoff in die Produktion gegangen sei, erklärte der Sprecher des schleswig-holsteinischen Umweltministers Klaus Müller (Grüne). Dass die Stoffe in Lebensmitteln verwendet worden sind, sei „relativ sicher“. Der Honig werde beigemengt.
Trotz der festgestellten Antibiotika sei derzeit jedoch „keine Gefahr im Verzug“, stellte der Sprecher fest. Die bislang betroffenen Firmen hätten sich in einer stillen Aktion bereit erklärt, ihre Produkte zurückzurufen. Außerdem wurde der Honig den Lebensmitteln nur in geringen Mengen beigemischt. Deshalb ist nach den Worten des Sprechers der Nachweis der exakten Menge Antibiotikums gar nicht zu erbringen. Trotz der Beschwichtigung am Mittwochabend traten die Köllnflockenwerke AGaA in Elms-horn an die Öffentlichkeit und empfahlen den Käufern, ihre Kölln-Müsli-Varianten Feinschmecker, Früchte-Vollkorn und Schoko mit Mindest-Haltbarkeitsdatum Mai 2003 zurückzuschicken, ebenso wie Joghurt mit dem Datum vom Februar 2003. Das Unternehmen habe sich entschlossen, keinen Honig aus China mehr zu verarbeiten, nachdem bei Rohwareimporten aus dem Land „Kontaminationen aufgetaucht“ seien, hieß es weiter. Und auch im Kieler Umweltministerium laufen nach Angaben seines Sprechers noch weitere Recherchen, die verseuchten Honig in der Produktion aufspüren sollen.