von den Fehlern anderer, dumme machen sie selbst und wiederholen sie immer wieder. Offenbar kommen sich Menschen, die im Scheinwerferlicht stehen, ohne angetrauten Partner nackt vor. Obwohl die Ehe ihre Untauglichkeit ständig beweist: Von den in den vergangenen 30 Jahren geschlossenen sind 40 Prozent schon wieder geschieden. Wer heiratet, träumt - Frau und Mann hängen zumindest für kurze Zeit der Illusion an, genau sie hätten das Zeug zum Traumpaar. Dabei hat gerade die sogenannten Traumpaare seit Cäsar und Kleopatra stets ein besonders tragisches Ende ihrer Beziehungen ereilt. Um in unserer Zeit zu bleiben, erinnerm wir uns an Gunter Sachs und Brigitte Bardot, Prinz Charles und Diana… Und nun auch „Babs & Boris“ Becker. Die Ehe ist schon lange ein falsches Versprechen. Denn dem Menschen ist es nach aller Erfahrung nicht gegeben, ein Leben lang mit einem einzigen Partner zu verbringen. Auch nicht unter Zwang, wie ihn Staat und Kirche seit dem späten Mittelalter auszuüben versuchen. Eine Polizeiverordnung von 1577 verbot in Deutschland das Konkubinat. Wer zusammenleben wollte, musste sich trauen lassen. Kirche und Staat brauchten die Einehe, damit Übersichtlichkeit unter den Untertanen herrschte - und die Erbfolge geregelt war.
Auch heute noch möchten viele ihren vermeintlichen Anspruch auf Körper und soziales Vermögen der Frau einklagen - was erklärt, warum gerade die in ihrer Geschlechterrolle verunsicherten jungen Männer wieder zur Heirat drängen. Emanzipierte Menschen brauchen die Ehe nicht. Auch nicht wegen der Kinder. Die werden allzu gerne vorgeschickt, wenn Ehe begründet werden soll; in Wahrheit geht es aber nicht um Ehe, sondern um Familie. Und die hat ihre traditionelle Form im Zeitalter der Mehrfach-Scheidungen längst verloren: Wie viele Kinder wachsen heute in wechselnden Familienbeziehungen auf? Höchste Zeit, im Grundgesetz den Schutz der Ehe zu tilgen und allein die Familie unter den besonderen Schutz des Staates zu stellen! Heutzutage wird niemand mehr zu heiraten gezwungen. Töchter müssen nicht mehr unter die Haube gebracht werden, sie verdienen längst ihr eigenes Geld. Selbst steuerlich lohnt sich die Heirat nicht mehr bei Paaren, die gleich viel verdienen. Das macht die Sache zum ersten Mal richtig spannend: Wer heute heiratet, gibt tatsächlich eine umwerfende Liebeserklärung ab. Ich muss dich nicht heiraten - aber: Ich will. Kitschig? Vielleicht auch.
Heiraten: von Kalkulation zur Liebeserklärung
Nicht zufällig kämpfen die Schwulen mit ihrem Feeling für Romantik für das Recht auf Eheschließung. Es geht ihnen ja auch darum, sich vor aller Welt zu einem anderen Menschen bekennen zu dürfen. Einander Verantwortung auch für schlechte Tage zu versprechen. Je unübersichtlicher die Verhältnisse werden, umso mehr steigt das Bedürfnis nach Klarheit: Mein Mann - das hört sich anders an als: Und das ist Jens. Je mehr die Menschen unterwegs sind, desto mehr sehnen sie sich nach Heimat. Es stimmt: Jede dritte Ehe scheitert. Aber was heißt das? Dass es zwei von drei Paaren miteinander aushalten, und zwar wegen steigender Lebenserwartung länger denn je. Zwar ist der Trauschein keine Lebensversicherung für die Liebe, aber er erhöht wenigstens die Hemmschwelle, die Brocken schon beim ersten Krach hinzuschmeißen. Und wenn die Ehe nicht mehr zu reparieren ist? Dann ist für die zivilisierte Demontage der Trauschein eine passable Gebrauchsanweisung. Für die Scheidung gibt es wenigstens Regeln - bei unverheirateten Paaren gelten oft die Gesetze des Dschungels.
DIE WOCHE