
Britische Soldaten der Juliet Company, 42 Commando, spielen Fussball mit den Irakern in Zubayr. Momentan gibt es nur wenige Orte, wo das Leben so friedlich verläuft wie auf diesem Foto. FOTO - REUTERS
BAGDAD – Nach der Einnahme von Bagdad verlagerte sich der Irak-Krieg an die Nordfront. Kurdischen Truppen nahmen am Donnerstagmittag nach einem BBC-Bericht die Ölstadt Kirkuk ein. US-Streitkräfte hätten die Kurden dabei unterstützt, berichtete der britische Sender. In der Stadt, in der eine halbe Million Menschen leben, gebe es noch einzelne „Widerstandsnester“. Die regulären irakischen Streitkräfte seien „auf jeden Fall“ geflohen, berichtete eine BBC-Korrespondentin.
Die US-Luftwaffe setzte auch nach dem Zusammenbruch der Regierung in Bagdad ihre Angriffe im ganzen Land fort. Ziel waren Radarstellungen bei Bagdad und Tikrit, Panzerstellungen bei El Amara im Süden und ein Raketen- und Munitionslager bei El Kajjarah im Norden des Landes gewesen. Im US-Hauptquartier in Katar sagte ein Militärsprecher, vor allem Stellungen im Norden des Landes seien bombardiert worden.
Der US-Nachrichtensender CNN hatte zuvor die bisher schwersten Luftbombardements irakischer Stellungen im Norden des Landes gemeldet. Gleichzeitig sollen in der Gegend der Stadt Erbil zum ersten Mal größere US-Panzerverbände im Nordirak eingesetzt worden sein. Bisher waren vor allem kleine US-Spezialeinheiten in der Gegend aktiv.
Aus Bagdad wurden unterdessen wieder Gefechte gemeldet. Die Marineinfanteristen würden seit den frühen Morgenstunden von irakischen Kämpfern aus Häusern und Autos, von Dächern herab und unter Brücken hervor beschossen.
Auch die Plünderungen gingen in der irakischen Hauptstadt weiter. So wurde auch die deutsche Botschaft und das französische Kulturzentrum geplündert. Zudem wurden immer wieder Schießereien gemeldet. Im vielen Stadtteilen sei die Lage aber relativ ruhig.
Von Saddam selbst und seinem engsten Führungskreis fehlt weiter jede Spur. Der Vorsitzende der von Washington unterstützten Oppositionsgruppe Irakischer Nationalkongress, Ahmed Chalabi, vermutet ihn in der Stadt Bakuba bei Bagdad. Andere Spekulationen gehen davon aus, dass er – wenn er noch lebt – in seine Heimatstadt Tikrit im Norden oder ins Nachbarland Syrien geflüchtet sein könnte.
Berlin – US-Außenminister Colin Powell hat das Ansinnen einer Oberaufsicht der Vereinten Nationen über den politischen Prozess im Nachkriegs-Irak zurückgewiesen. Die UN sollten sich statt dessen großenteils auf humanitäre Hilfe und den Wiederaufbau konzentrieren, forderte Powell. Der Minister sagte, die US-Militärs würden eine provisorische Führung im Irak auswählen, die eine Übergangsverwaltung des Landes erleichtern soll. Dabei fassten die Truppen traditionelle Stammesführer und religiöse Führer ins Auge. Die Zusammensetzung der Interimsverwaltung würden die Iraker selbst bestimmen: Dabei gehe es um den Anteil von Exilirakern, Kurden, Sunniten oder Schiiten.
Die „Los Angeles Times“ zitierte in ihrem Bericht Regierungsbeamten, nach deren Angaben eine erste Konferenz bereits in dieser Woche auf einer US-Airbase bei der irakischen Stadt Nasirija tagen soll. Dabei werde die Form künftiger politischer Strukturen debattiert. An dem Treffen würden Vertreter sechs wichtiger Exilgruppen und 39 Iraker teilnehmen.
Das Weiße Haus entsende seinen Sonderbeauftragten Salmay Chalisad, den Staatsekretär im Außenministerium, Ryan Crocker, und einen Vertreter des Pentagon. Geplant sei eine abschließende Konferenz in Bagdad. Bis freie Wahlen abgehalten werden könnten, würden sich US-Verwaltung und irakische Übergangsverwaltung die Macht teilen.
aus: WELT.de/dpa/AFP